Im Fokus SDG 15 Leben an Land: Klimaschutz, Wirtschaftsraum, Lebensraum: Baden-Württembergs Waldpolitik
Die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen bilden einen wichtigen politischen Referenzrahmen für die langfristige Entwicklung unseres Planeten, soweit dies in menschlicher Macht steht. Dabei ist es mir als Forstminister nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Nachhaltigkeit aus dem Forstwesen kommt. Für das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden Württemberg gehört nachhaltige Entwicklung als unverzichtbares Querschnittsthema zur Politik, die wir verfolgen. Ich möchte dies zunächst an unseren Zielen erläutern und dann auf das Thema Wald vertieft eingehen.
Eine ganze Reihe der SDGs überschneiden sich mit Themen, die auch von der Landesregierung Baden Württemberg bearbeitet werden: beispielsweise die Land und Forstwirtschaft, die Entwicklung ländlicher Räume und der Verbraucherschutz. Die SDGs bilden auch die Grundlage für die Bewertung der nachhaltigen Entwicklung in Baden Württemberg. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung des Landes Baden Württemberg hat Pilotcharakter. Baden Württemberg hat als erstes Bundesland, noch vor dem Bund, im Jahr 2014 einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht in Zusammenarbeit aller Landesministerien veröffentlicht.
Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich als Ressort basierend auf fünf der insgesamt 17 Leitsätze einer nachhaltigen Entwicklung der Landesregierung in Baden Württemberg, welche auf Grundlage der SDGs entwickelt wurden, eigene strategische Ziele gesetzt, die wiederum mit Maßnahmen unterlegt sind:
Erstens ist der Leitsatz „Klimaschutz als Querschnittsaufgabe“ zu nennen. Hier geht es um eine Berücksichtigung der Nachhaltigkeit bei Förderprogrammen wie dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), die Verringerung des Stickstoff Überschusses in der Landwirtschaft und eine nachhaltige Bewirtschaftung von Waldökosystemen.
Sodann geht es uns um den Einsatz von Ressourcen und dessen Optimierung sowie darum, das Wirtschaftswachstum vom Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen zu entkoppeln. Wir legen ein Augenmerk auf eine bioökonomische Bauweise sowie eine Substitution endlicher Ressourcen
durch nachwachsende Rohstoffe. Holz als Baustoff ist dabei Kernelement unserer Holzbauoffensive, die wir weiterhin vorantreiben.
Der dritte Schwerpunkt besteht darin, die Lebensgrundlagen und die vielfältige Natur sowie die einzigartigen Kulturlandschaften des Landes zu schützen und zu erhalten sowie Belastungen für
Mensch, Natur und Umwelt auch über das Land hinaus möglichst gering zu halten. Dabei kümmern wir uns um die Stärkung der Biodiversität und der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung ökologischer Lebensmittel.
Viertens ist es uns wichtig, Bildungsgerechtigkeit für alle sowie Gestaltungskompetenz für nachhaltige Entwicklung zu fördern, wobei hier die Waldpädagogik im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung als Ansatzpunkt zu nennen ist.
Und schließlich wollen wir eine gesundheitsförderliche Lebenswelt ermöglichen. Wir kümmern uns in diesem Themenfeld insbesondere um eine flächendeckende Verankerung einer gesunderhaltenden, genussvollen und nachhaltigen Gemeinschaftsverpflegung in den Lebenswelten Kita und Schule, Arbeitsplatz sowie Klinik und Heim bis 2030.
Die Leitsätze und Ziele der Landesregierung sind mit 52 Statusindikatoren untersetzt und werden mit Daten, Hintergründen und Bewertungen auf der Homepage der Nachhaltigkeitsstrategie Baden Württemberg veröffentlicht.
Waldpolitik und Waldbewirtschaftung
Der Wald hat für das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Lichte der SDGs eine hervorgehobene Bedeutung. Dabei steht die Förderung der Anpassung des Waldes als ökologisch außer ordentlich wertvoller Lebens-, aber auch Erholungs- und Wirtschaftsraum an die fortschreitenden Klimaveränderungen an vorderer Stelle. Auch wenn jüngst insgesamt mehr Niederschläge in den Sommermonaten gefallen sind, so gehörte der Sommer 2023 wieder zu einem der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Um der Entwicklung Herr zu werden, ist eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen erforderlich, sonst wird die von uns als extrem empfundene Witterung der letzten Jahre bald das neue Normal werden.
Der erfreuliche Rückgang der mittleren Nadel- und Blattverluste um 1,5 Prozent punkte gemäß den Erkenntnissen der aktuellen Waldzustandserhebung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies
immer noch einer der höchsten Werte seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1985 ist.
Trotz einer leichten Verbesserung sind momentan 44 Prozent unserer Wälder deutlich geschädigt. Der starke Rückgang der Kronenverlichtungen bei den jüngeren Bäumen gibt uns indes Hoffnung für den Aufbau der kommenden Waldgeneration. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die zukünftigen
Herausforderungen nur mit einer aktiven Waldpflege bewältigen können.
Neben der aktiven Anpassung des Waldes an die Folgen des Klimawandels ist der Erhalt unserer Biodiversität eine weitere „Mammutaufgabe“, der sich die Landesforstverwaltung und der
Landesbetrieb ForstBW gemeinsam stellen müssen. Trockenheit, Dürre und Borkenkäfer haben unserem Wald seit 2018 verheerende Schäden zugefügt. Den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern und der Forstverwaltung wurde viel abverlangt. Mit dem „Notfallplan Wald“ haben wir damals schnell reagiert
und als erste Hilfe eine ganze Reihe von Unterstützungsmaßnahmen für die Branche auf den Weg gebracht.
Politik und Gesellschaft müssen sich klar darüber werden, dass der Wald eine ganz erhebliche Rolle im Klimawandel spielt. Auf der einen Seite leidet der Wald massiv unter den Folgen des Klimawandels. Auf der anderen Seite bietet aber insbesondere die nachhaltige Waldbewirtschaftung die Chance, dem Klimawandel entgegenzuwirken, indem sie die Wälder aktiv an den Klimawandel anpasst, ihre Baumartenmischung erhöht und sie damit resilienter macht. Und dafür braucht die Forstwirtschaft,
benötigen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, unsere Unterstützung – auch finanziell. Die Waldbewirtschaftung in Baden Württemberg hat eine jahrhundertelange Tradition und hat die
Wälder von heute geprägt. Diese hat vor dem Hintergrund neuer Anforderungen und Herausforderungen immer wieder Änderungen erfahren. Die Stärkung und Schaffung solcher Wald Ökosysteme sind für die Landesregierung deshalb ein prioritäres Anliegen.
Es ist ein gesamtgesellschaftliches Interesse den Wald als Klimaschützer, Hort der Biodiversität, Lebensraum, Trinkwasserspeicher und Erholungs- und Arbeitsort vollumfänglich zu erhalten. Ich setze mich in diesem Sinne weiterhin auf allen politischen Ebenen dafür ein, dass die Anliegen des Waldes und unserer Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer auch künftig Gehör finden. Nur gemeinsam können wir den
wichtigen Lebensraum Wald zukunftsfähig machen. Mit der Waldstrategie 2050 wollen wir aktiv unterstützen. Sei es im Bereich künstliche Intelligenz oder Innovationen in der Laubholzverwendung. Wichtig ist mir, dass dabei alle Akteurinnen und Akteure an einem gemeinsamen Strang ziehen.
Das Land Baden Württemberg bekennt sich also zu den SDGs, wobei das Ziel 15 „Leben an Land“ gerade bei der Waldpolitik einen besonderen Stellenwert für das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat.
Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, Juni 2024
Der Artikel wurde im Rundbrief Bildungsauftrag Nord-Süd Nr. 119 veröffentlicht.