Die Produktion von grünem Wasserstoff basiert auf erneuerbaren Energien. Hier kann Namibia mit immensem Potenzial für Solar- und Windenergie punkten.
Von Marcus Knupp | Berlin
Nicht Kleckern, sondern Klotzen: Während andernorts kleine Pilotanlagen zur Elektrolyse von Wasserstoff projektiert werden, denken einige der beteiligten Akteure in Namibia in Gigawatt. Die Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff könnten kaum besser sein. Die Sonneneinstrahlung erreicht in der Namibwüste globale Spitzenwerte. An der südwestafrikanischen Küste lassen sich zudem kräftige Winde für die Energiegewinnung nutzen.
In ihre mehrjährige Entwicklungsplanung für die Jahre 2021 bis 2025 (Harambee Prosperity Plan II, HPPII) hat die namibische Regierung die Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak als strategische Industrie aufgenommen. An einer nationalen Wasserstoff-Strategie wird zwar noch gearbeitet, erste Projekte sind aber schon auf dem Weg zur Umsetzung. Projektträger sind in den meisten Fällen Konsortien aus namibischen und internationalen Unternehmen und Institutionen.
Im Fokus steht dabei nicht nur die Gewinnung von grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien mit dem Ziel, diesen oder Ammoniak zu exportieren. Einige Vorhaben zielen auch auf die direkte Nutzung der neuen Ressource vor Ort. Zur Koordination hat die Regierung in Windhuk einen Rat für Grünen Wasserstoff gebildet (Green Hydrogen Council).
Produktionsstandorte an der Küste
Vor allem die Wüstengebiete nahe der Küste bieten sich für Großprojekte an. Die Nähe zu den Häfen in Walvis Bay und Lüderitz erleichtert den Export. Zudem entfallen hier Flächennutzungskonflikte mit der Land- und Viehwirtschaft. Schwerpunkt der Planungen ist die Southern Corridor Development Initiative (SCDI). Diese umfasst ein Gebiet von rund 26.000 Quadratkilometern in der südwestlichen Region ǁKharas, dessen Entwicklung die Produktion von 3 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff im Jahr ermöglichen soll.
Das erste Projekt in der Region ist das Tsau ǁKhaeb National Park Project des Konsortiums Hyphen Hydrogen Energy, an dem die Investitionsgesellschaft Nicholas Holdings und das deutsche Energieunternehmen Enertrag beteiligt sind. Auf 4.000 Quadratkilometern im Nationalpark Tsau ǁKhaeb, dem ehemaligen Diamantensperrgebiet nahe der Stadt Lüderitz, sollen in zwei Bauphasen 5 Gigawatt Erzeugungskapazitäten für Wind- und Solarstrom aufgebaut werden. Diese Elektrizität steht dann zur Elektrolyse von Wasserstoff zur Verfügung. Das notwendige Wasser wird durch Meerwasserentsalzung gewonnen. Pro Jahr können nach der Fertigstellung circa 300.000 Tonnen Wasserstoff produziert werden.
Ein zweites größeres Vorhaben zur Herstellung von grünem Wasserstoff hat das französische Unternehmen Hydrogène de France (HDF) bei Swakopmund initiiert. Dieses zielt vorrangig auf eine durchgängige Stromversorgung. Wasserstoff dient dabei als Speichermedium und ergänzt ein Solarkraftwerk mit 85 Megawatt. Abends und nachts kann die gespeicherte Energie in Brennstoffzellen wieder in Elektrizität umgewandelt werden. Hierdurch entsteht eine durchgehende Stromversorgung auf Basis von Sonnenenergie, was sich auch im Projektnamen Renewstable Swakopmund äußert.
Anwendung vor Ort
Als Schritte auf dem Weg zu einer Umstellung der lokalen Wirtschaft auf den Energieträger Wasserstoff können drei weitere Projekte angesehen werden. Sie dienen auch zum Test der neuen Technologien und zum Aufbau erforderlicher Qualifikationen. Die zunächst als Pilotprojekte konzipierten Anlagen haben daher noch eine geringere Größe.
In der Hafenstadt Walvis Bay ist der Bau einer Solarkraftanlage mit angeschlossener Elektrolyseeinheit geplant. Beide sollen eine Kapazität von 5 Megawatt erhalten. Direkt daneben wird sich eine Tankstelle für Straßenfahrzeuge befinden. Später ist auch die Herstellung von Wasserstoff und Ammoniak im großen Stil für den Export vorgesehen. Projektträger ist das Konsortium Cleanergy Namibia, an dem die Firma CMB.TECH aus Belgien sowie das namibische Unternehmen Ohlthaver & List beteiligt sind.
Ein weiteres Vorhaben von Cleanenergy Namibia ist die Betankung von Schiffen und Hafenfahrzeugen in Walvis Bay. Hier engagiert sich neben der deutschen Filiale von CMB auch der namibische Hafenbetreiber Namport. Geplant ist ebenfalls eine Elektrolyseanlage mit 5 Megawatt zur Herstellung des Wasserstoffs. Die Betankung der Fahrzeuge an Land und im Wasser soll über eine mobile Einheit erfolgen. Teil der Aufgabe ist die Umstellung vorhandener Schlepper und Kranfahrzeuge auf den Antrieb mit Wasserstoff.
Bei der namibischen Eisenbahn TransNamib ist zunächst in einem Testlauf auf der 210 Kilometer langen Strecke zwischen Walvis Bay und Kranzberg der Einsatz von Dual-Fuel-Lokomotiven geplant, die sowohl mit Dieselöl als auch mit Wasserstoff betrieben werden können. Der Wasserstoff wird dabei in Tanks, die auf einem separaten Tenderfahrzeug zwischen zwei Lokomotiven montiert sind, mitgeführt. Der Testbetrieb des Prototyps soll im Februar 2023 beginnen. Danach ist die Anpassung von 50 Lokomotiven geplant. Mittelfristig könnten bei der namibischen Eisenbahn circa 11 Millionen Liter Diesel im Jahr durch lokal produzierten Wasserstoff ersetzt werden.
Wasserstoffprojekte in Namibia
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; MEED Projects |
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Vorhaben |
Investitionssumme (Mio. US$) |
Projektstand |
Projektträger |
Tsau ǁKhaeb National Park (Hyphen SCDI) Project |
9.400 |
Studie |
Hyphen Hydrogen Energy (Nicholas Holdings, Enertrag) |
Green Hydrogen Production Plant, Hydrogen Refueling Station, Walvis Bay |
25 |
Studie |
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Green Hydrogen Applications in the Port Environment, Walvis Bay |
5,7 |
Studie |
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Renewstable Swakopmund, Green Hydrogen Plant |
170 |
Studie |
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Daures Green Village |
15 |
Studie |
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Hydrogen-Diesel Dual Fuel Locomotive Project (HyRail Namibia) |
7,6 |
Auftrag vergeben |
Konsortium Hyphen Technical aus TransNamib, University of Namibia, CMB.TECH, Traxtion |
Deutschland wichtiger Partner
An fast allen der genannten Projekte sind Unternehmen oder Institutionen aus Deutschland beteiligt. Dabei sind Spezialisten für erneuerbare Energien wie Enertrag bei Hyphen Hydrogen Energy oder Windwise in der geplanten Wasserstoff- und Ammoniak-Produktionsanlage Daures Green Village. Hier ist mit der Universität Stuttgart auch eine deutsche Hochschule in die Entwicklung involviert.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Engagement deutscher Unternehmen beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Namibia ab 2023 mit 30 Millionen Euro. Ausgewählt wurden bisher vier Projekte, die vor allem auf die praktische Anwendung des Energieträgers Wasserstoff setzen, darunter die oben genannten Vorhaben zur Betankung von Straßen- und Wasserfahrzeugen in Walvis Bay.