Zum Jahreswechsel ist das Europäische Jahr für Entwicklung offiziell Geschichte. 365 Tage an denen tausende Menschen in ganz Brandenburg sich mit der Frage Nachhaltiger Entwicklung und Entwicklungspolitik auseinandergesetzt, gemeinsam diskutiert und an Lösungen gearbeitet haben. Was sind die Ursachen für Flucht und Migration? Was ist und liegt in unserer eigenen Verantwortung? Welche Möglichkeiten gibt es fairen und umweltfreundlichen Handel zu fördern?
Europastaatssekretärin Anne Quart zog zwischen den Feiertagen eine positive Bilanz zum Abschluss des Themenjahres: „Mehr als 220 Veranstaltungen gab es in ganz Deutschland, davon 32 in Brandenburg und eine ganz besondere in Potsdam. Bei der ZukunftsTour im September kamen mehr als 1.000 Menschen, damit hatten wir bundesweit eine der erfolgreichsten Veranstaltungen in diesem Jahr. Die Brandenburger Entwicklungspolitischen Bildungs- und Informationstage und die große Beteiligung am Bürgerfest rundeten das noch ab. Doch neben diesen ganz großen Events gab es auch überall im Land viele Aktionen von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die unter dem Motto "Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft" für nachhaltige, gerechte und soziale Beziehungen auf globaler Ebene warben. All jenen möchte ich herzlich danken. Bei uns im Land geht es ja auch noch weiter und wir werden Anfang nächsten Jahres noch weitere spannende Veranstaltungen im Land haben“, sagte sie.
Sie zeigte sich zufrieden, dass die Akzeptanz der Finanzierung von Entwicklungspolitik auf Landesebene weiter gestiegen sei. Quart sagte: „Auf insgesamt 160.000 Euro haben wir die direkten Ausgaben für Entwicklungspolitik seit der vergangenen Legislatur erhöht. Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr deutlich machen konnten, warum das eine gute Investition ist. Im Verlauf diesen Jahres konnten wir in Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem BMZ, VENROB e.V. und der evangelischen Kirche außerdem zwei entwicklungspolitische PromotorenInnenprogramme mit insgesamt acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern starten, die unsere Arbeit in diesem Bereich weiter stärken werden. Das Jahr hat gezeigt, dass verschiedenste Akteure sehr erfolgreich miteinander zusammen arbeiten und wir darauf aufbauen können.“
Es sei bei den Veranstaltungen deutlich geworden, dass es richtig sei, Entwicklungspolitik auch und vor allem als kommunale Aufgabe zu begreifen, da eine Veränderung bei den Bürgerinnen und Bürgern vor der eigenen Haustür beginne. Denn hier könne oft mehr erreicht werden, als auf internationaler Ebene: „2015 war nicht nur das Europäische Jahr für Entwicklung, wir haben auch den 45. Jahrestag der Nichterfüllung des Ziels der Industrieländer, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit bereit zu stellen, begangen. Mit der Verabschiedung der Nachhaltigen Entwicklungsziele und dem Beschluss des Klimagipfels wurden zwar sehr wichtige Weichenstellungen getroffen, allerdings fehlt wie so oft die Verbindlichkeit bei der Umsetzung. Im globalen Rahmen fällt die Bilanz also eher zwiespältig aus. Hier vor Ort kann jede und jeder mithelfen, dass wir unsere Ziele auch erreichen. Fair gehandelte Produkte, bewusster Fleischkonsum, ein sparsamer Umgang mit Energie, der Verzicht auf die Plastiktüte – es gibt hunderte Dinge in unserem Alltag, die direkt mit der Situation von Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu tun haben. Bei unserem Ressourcenverbrauch und unseren Konsumgewohnheiten reicht diese eine Welt nicht aus. An vielen Orten haben wir dies im Rahmen des Aktionsjahres deutlich machen können. Ich würde mir hier wünschen, dass die Kommunen auch nach dem Aktionsjahr so engagierte Partner bleiben“, sagte Quart.
Ihr sei bewusst, dass es noch an vielen Stellen erhebliches Potential für Verbesserungen gebe: „Ich sage zum Abschluss diesen Jahres trotz aller Erfolge auch ganz klar, dass wir mit unseren Bemühungen an Grenzen stoßen und es durchaus nachvollziehbare Kritik an der Wirksamkeit von Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit gibt. Wir müssen aber über die tatsächlichen Zusammenhänge sprechen. Allzu oft werden Erfolge bei der Zusammenarbeit durch Entscheidungen in anderen Politikfeldern, wie der Handels-, Finanz-, Umwelt-, oder Sicherheitspolitik zunichte gemacht. Vor allem in der Handels- und Finanzpolitik kann nicht alles bleiben wie es ist. Nur ein Beispiel: Seit 2009 haben sich die Hähnchen-Exporte aus Europa in Richtung Afrika verdreifacht. Wir fördern also wirtschaftliche Aufbauprojekte und zerstören an anderer Stelle ganze Wirtschaftszweige. Das ist völlig kontraproduktiv. Durch die aktuelle Debatte über Flucht und Migration wird das sicherlich auch außerhalb der Fachöffentlichkeit erkannt. Mit den im September verabschiedeten Nachhaltigkeitszielen können wir dem wirksam begegnen, wir müssen aber auch dementsprechend handeln. In diesem Zusammenhang können wir alle gute Vorsätze für das kommende Jahr 2016 fassen und damit die Entwicklungspolitik auf allen Ebenen voranbringen – auch ohne Aktionsjahr.“