Bei einer Gedenkveranstaltung zum fünften Jahrestag des Genozids an den Eziden betonte Staatsministerin Theresa Schopper die Verbundenheit des Landes. Baden-Württemberg hat in einem Sonderkontingent 1.100 traumatisierte Frauen und Kinder aus dem Nordirak aufgenommen und hilft auch vor Ort.
„Vor fünf Jahren erlebten die Eziden Mord und Gewalt. Ihre Botschaft an die Welt hat uns damals aufgerüttelt“, sagte Staatsministerin Theresa Schopper am Samstag (3. August 2019) bei der Gedenkveranstaltung zum fünften Jahrestag des Genozids an den Eziden in Stuttgart.
Tag der Trauer, aber auch des Überlebens und der Verantwortung
„Heute ist ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag des Überlebens und der Verantwortung. Der Krieg im Irak ist vorbei, doch genauso wie vor fünf Jahren stehen wir auch heute der Seite der Eziden. Ihr Schicksal lässt uns nicht ruhen. Wir dulden keinen Genozid, wir werden nicht vergessen und wir werden alles dafür tun, dass so etwas nie wieder passiert - nirgendwo“, so Schopper.
Dr. Irfan Ortaç, Vorsitzender des Zentralrats der Eziden in Deutschland, sagte: „Am 3. August 2019 gedenken wir einem fortlaufenden Genozid. Ich bin der Landesregierung Baden-Württemberg dankbar, dass sie uns unterstützt hat eine prominent besetzte Gedenkveranstaltung zu ermöglichen; dadurch schaffen wir – hoffentlich – die breite Öffentlichkeit noch einmal für dieses Thema zu sensibilisieren.“
Baden-Württemberg nimmt 1.100 traumatisierte Frauen und Kinder auf
Staatsministerin Schopper betonte, dass Baden-Württemberg in einem Sonderkontingent 1.100 traumatisierte Frauen und Kinder aus dem Nordirak aufnehmen habe können. Zu ihnen gehöre Nadia Murad, die als UN-Sonderbotschafterin den Friedensnobelpreis erhalten habe. „Unverzichtbar war dabei die Zustimmung des Hohen Rates der Eziden in Lalish und des geistlichen Oberhaupts Baba Sheikh. Sie haben große Schritte getan, indem sie Baden-Württemberg das Vertrauen ausgesprochen und durch die Segnung der Frauen und Kinder deutlich gemacht haben, dass nicht die Überlebenden sexueller Gewalt ihre Ehre verloren haben, sondern ausschließlich die Täter. Diese Botschaft war ein wichtiges Signal an die Welt und vor allem an die Überlebenden.“ Die Frauen aus dem Sonderkontingent seien heute auch wichtige Zeuginnen in Strafverfahren der Generalbundesanwaltschaft. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Verbrecher ungeschoren davonkommen“, unterstrich Staatsministerin Schopper.
Um die größte Not zu lindern, habe Baden-Württemberg in Dohuk ein Institut für Psychotherapie und Psychotraumatologie gegründet. „Darüber hinaus unterstützen wir Projekte in Kurdistan-Irak, um Hunderttausenden Inlandsflüchtlingen Perspektiven in ihrer Heimat zu geben“, so die Staatsministerin. Zudem habe die Landesregierung beim Bund angeregt, nach dem Vorbild Baden-Württembergs, weitere Menschen aufzunehmen. „Es freut uns sehr, dass diese Überlegungen in Berlin nun ernsthaft diskutiert werden.“ Dabei gehe es insbesondere um Ezidinnen, die in IS-Gefangenschaft Kinder aus Vergewaltigungen bekommen haben und nun völlig auf sich gestellt sind.
Genozid am 3. August 2014
Am 3. August 2014 überfielen Truppen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) das Siedlungsgebiet der religiösen Minderheit der Eziden in der nordirakischen Region Shingal. Sie verübten ein grausames Massaker an der Bevölkerung. Vom UN-Menschenrechtsrat wird dieses Massaker offiziell als Genozid bezeichnet. In der Folge verschleppten und versklavten Terroristen des selbsternannten „Islamischen Staates“ über 6.500 ezidische Frauen und Kinder. Über hunderttausend Ezidinnen und Eziden wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Die meisten von ihnen konnten bisher nicht zurückkehren.