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Baden-Württemberg: Neue humanitäre Landesprojekte in Dohuk

Baden-Württemberg hat 2019 über eine Million Euro für Projekte in der Provinz Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan-Irak zur Verfügung gestellt. Angesichts der verschärften humanitären Situation in und außerhalb der Flüchtlingslager wird Baden-Württemberg die Region auch 2020 mit Hilfe von humanitären Projekten unterstützen.

„Zwei Jahre, nachdem der Krieg im Irak gegen die IS-Terrormiliz offiziell für beendet erklärt wurde, leben immer noch über 300.000 Binnenvertriebene in der Provinz Dohuk in äußerster Not. Obwohl die Hilfsbereitschaft der Regierung und der einheimischen Bevölkerung unverändert groß ist, ist die Situation nach den Entwicklungen in Syrien durch die türkische Offensive im Norden und den Rückzug der USA wieder verschlechtert. Allein dadurch haben 15.000 neue Flüchtlinge die Region Dohuk erreicht. Die Stabilisierung und Integration der Flüchtlinge kann aber nicht alleine gestemmt werden. Nur mit Hilfe der internationalen humanitären Organisationen können die grundlegendsten Bedürfnisse erfüllt werden“, sagte Staatsministerin Theresa Schopper. Baden-Württemberg habe daher allein in diesem Jahr über eine Million Euro für Projekte in der Provinz Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan-Irak bereitgestellt.

Landesprojekte sind angesichts der verschärften Situation im Nordirak von besonderer Bedeutung

Erst vor einer Woche habe der Gouverneur der Provinz Dohuk, Fahad Ameen Atrushi, bei einem Besuch in Stuttgart die Befürchtung geäußert, dass sich die Situation der Vertriebenen in den Flüchtlingslagern in der Region Kurdistan zu einer „vergessenen Krise“ entwickle. „Vor allem die ezidische Gemeinschaft ist aufgrund des Völkermords von 2014 durch den IS hochgradig traumatisiert. Hunderte von ezidischen Frauen, die gefangen waren, sitzen noch in Lagern in Syrien fest. Der Großteil dieser Volksgruppe lebt in Flüchtlingslagern rund um Dohuk und kann nicht in die zerstörte und zwischen Milizen umstrittene Heimat zurückkehren. Deswegen werden wir unser Engagement auch 2020 weiterführen. Auch im neuen Jahr wollen wir mit unseren Projekten dazu beitragen, dass Einheimische, Binnenvertriebene und die Geflüchteten aus Syrien unterstützt werden, sodass sie für sich eine Zukunft in der Region sehen und nicht irgendwann aus Verzweiflung ihre Flucht fortsetzen“, so Schopper.

2019 neue Projekte in Dohuk gestartet – Fokus auf Landwirtschaft und Bildung

„Ein besonderes Schwergewicht legten wir 2019 auf landwirtschaftliche Projekte. Die Vernachlässigung der Landwirtschaft in der Vergangenheit rächt sich weiterhin, deshalb müssen wir die Eigenversorgung der Geflüchteten und Einheimischen besonders unterstützen“, sagte die Staatsministerin.

Gewächshäuser und eine Genossenschaft im Flüchtlingslager Mam Rashan tragen zur Eigenversorgung und Einkommensbildung der Geflüchteten bei. Auf Anregung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat das Staatsministerium ein weiteres landwirtschaftliches Projekt gefördert. Schopper: „Die Staatsschule für Gartenbau in Stuttgart-Hohenheim hat mit großem Engagement ein innovatives Foliengewächshaus an der Universität Dohuk aufgebaut, das das Wissen über effektiven und erfolgreichen Gemüseanbau verbessern wird“.

Darüber hinaus standen in diesem Jahr Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche sowie für junge Frauen, die aus IS-Gefangenschaft entkommen sind, im Fokus der humanitären Projekte des Landes Baden-Württemberg. So hat das Land dieses Jahr u.a. das Kinderzentrum von „Our Bridge e.V.“ gefördert, das Projekt eines Vereins, der von jungen deutsch-kurdischen Ehrenamtlichen gegründet wurde. Dieses Kinderzentrum ermöglicht Kindern und Jugendlichen, die unter schwierigen Bedingungen  in und neben einem Flüchtlingslager bei Dohuk leben, einen stabilisierenden Tagesablauf mit Bildungs- und Freizeitangeboten. Staatsministerin Schopper betonte: „Auf unserer Delegationsreise haben wir uns von der hervorragenden und professionellen Arbeit dieser jungen Ehrenamtlichen überzeugen können.“

Fortsetzung erfolgreicher Projekte

2019 hat die Landesregierung die 2017 begonnene Förderung einer Teppichmanufaktur für verwitwete Flüchtlingsfrauen in Khanke bei Dohuk mit einem Projekt der Internationalen Gesellschaft für Migration (IOM) fortgesetzt, damit der Schritt in das selbstverwaltete Zentrum vollzogen werden kann.

Auch die Solaranlage im Flüchtlingslager Mam Rashan ist weiter ausgebaut worden, um mehr Haushalten eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zu bieten als Grundlage für Handwerk und Gewerbe.

Die Förderung des 1. Jahrgangs der Studierenden am vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst errichteten Institut für Psychotherapie und Psychotraumatologie in Dohuk mit einem Stipendium wurde fortgesetzt. Die Studierenden arbeiten bereits während ihrer Ausbildung als Traumatherapeuten in Flüchtlingslagern. Sie werden ihre Ausbildung im März 2020 abschließen und stehen dann als Psychotherapeuten und z.T. auch als Ausbilder für die nächsten Jahrgänge am Institut zur Verfügung.

Unterstützung von kleinen Projekten vor Ort

Das Land Baden-Württemberg unterstützte 2019 auch kleinere Projekte in der Region Dohuk, die von überwiegend ehrenamtlich arbeitenden Organisationen durchgeführt werden. So wurden beispielsweise drei Projekte mit je 50.000 Euro, bzw. 25.000 Euro gefördert:

  • Ländliche Kleinviehhaltung für 40 Familien (50.000 Euro)
    40 einkommensschwache ezidische Flüchtlingsfamilien erhielten im Norden der Provinz Dohuk Ziegenpaare, Futtermittel und tierärztliche Beratung zum Aufbau einer eigenen Existenz. Die Förderempfänger verpflichten sich, ein dadurch geborenes Ziegenpaar an andere Dorfbewohner weiter zu geben, dadurch profitieren immer mehr Menschen.
     
  • Sanierung eines Bewässerungskanal (50.000 Euro)
    Durch den Wiederaufbau des Bewässerungskanals können die Menschen der Region Nahla nördlich von Dohuk in ihrer Heimat bleiben, weil genug Wasser für ihre Felder bereitgestellt wird.
     
  • Psychische und physische Stabilisierung junger frei gekommener Frauen im Jinda-Center in Dohuk (25.000 Euro)
    Im Jinda-Center in Dohuk werden Mädchen und junge Frauen, die aus der IS-Gefangenschaft entkommen konnten, betreut. In diesem Frauenzentrum erhalten die Mädchen und Frauen soziale Beratung und emotionalen Beistand von erfahrenen Mitarbeiterinnen.

Die meisten Projekte werden in Zusammenarbeit mit der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg abgewickelt. Die SEZ entwickelt und betreut die Projekte in enger Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort und den Nichtregierungsorganisationen. Die Entscheidung über die Projekte wird im Staatsministerium getroffen.

Dohukprojekte im Jahr 2019

Nummer Projekt Träger mit Kooperationspartner Fördersumme
1 Stromversorgung durch Solarenergie im Flüchtlingscamp Mam Rashan Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ) mit Atmosfair gGmbH 350.000 Euro
2 Stipendien für Studierende am Institut für Psychotherapie und Psychotraumatologie Dohuk Universität Tübingen, Duale Hochschule Villingen-Schwenningen mit Universität Dohuk 168.000 Euro
3 Existenzgründung für Frauen durch eine Teppichmanufaktur Khanke SEZ mit International Organisation for Migration (IOM) 150.000 Euro
4 Gründung einer landwirtschaftlichen Genossenschaft mit Gewächshäusern in Mam Rashan SEZ mit Caritas Flüchtlingshilfe Essen e.V. 150.000 Euro
5 Errichtung eines innovativen Foliengewächshauses Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) mit Staatsschule für Gartenbau Stuttgart-Hohenheim, Universität Dohuk 114.000 Euro
6 Ausbau eines Kinderzentrums in Khanke SEZ mit Our Bridge e.V. 95.000 Euro
7 Förderung ländlicher Kleinviehhaltung (Ziegen) für 40 Familien SEZ mit Malteser International 50.000 Euro
8 Sanierung Bewässerungskanal: Förderung der Landwirtschaft, Arbeit für einheimische Bevölkerung SEZ mit CAPNI – Christian Aid Program Northern Iraq 50.000 Euro
9

Psychische und physische Stabilisierung junger frei gekommener Frauen

SEZ mit Jinda-Center Wadi e.V. 25.000 Euro
      Summe: 1.152.000 Euro

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Staatsministerium Baden-Württemberg