Angesichts aktueller Diskussionen zur veränderten Bilanzierung von Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit hat Europastaatssekretärin Anne Quart davor gewarnt, die absoluten Ausgaben zu senken: „Seit mehr als 40 Jahren bekennen sich die Industrieländer jedes Jahr aufs Neue zum 0,7 Prozent-Ziel. Doch anstatt tatsächlich diesen Anteil der Bruttonationaleinkommen dafür aufzuwenden und damit die Lage der Menschen in den weniger entwickelten Ländern zu verbessern, soll nun versucht werden diesen Anteil noch klein zu rechnen. Bereits jetzt ist es möglich Ausgaben im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen für bis zu zwölf Monate in den Entwicklungsbudgets einzurechnen und die meisten Staaten machen hiervon auch Gebrauch. Wenn wir das noch ausweiten und Ausgaben für Sicherheitsbemühungen oder sogar Mittel aus privaten Quellen in die Bilanz miteinfließen lassen würden, dann steht am Ende schlicht weniger Geld für konkrete Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung. Das ist aber gerade mit Blick auf die Flüchtlingszahlen der falsche Weg. Um Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen, brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz und ein langfristiges verbindliches Engagement, das auch finanziell ausreichend unterlegt ist. Ich finde es kurzsichtig, wenn in haushaltsbezogener Hinsicht die Aufnahme von geflüchteten Menschen generelle Fragen der Entwicklung und Migration in den Hintergrund rücken lässt. Damit gefährden wir nur unsere langfristigen Ziele“, sagte Quart.
Heute und morgen wollen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter des OECD-Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) in Paris über Finanzierungsfragen beraten. Quart appellierte an die Mitglieder, die Ziele der Nachhaltigen Entwicklung keinen kurzfristigen finanziellen Interessen zu opfern: „Der richtigen Einsicht in die besondere globale Verantwortung der reichen Länder sind bisher noch kaum Taten gefolgt. Hier müssten wir konsequent sein und die Mittel tatsächlich erhöhen, anstatt Bilanztricks anzuwenden. Gerade nachdem wir auch die UN-Ziele zur Nachhaltigen Entwicklung im vergangenen Herbst beschlossen haben. Sie sind eine gute Anleitung, um Projekte erfolgreich zu gestalten. Außerdem werden unsere Erfolge bei der Entwicklungszusammenarbeit weiterhin durch Entscheidungen in anderen Politikfeldern, wie der Handels-, Finanz-, Umwelt-, oder Sicherheitspolitik zunichte gemacht. Hier bräuchte es die Einsicht, dass wir uns mehr und nicht weniger um Entwicklungsziele kümmern müssen. Entwicklungszusammenarbeit ist eine zentrale Zukunftsausgabe und die Bereitstellung der Mittel sollte nicht als lästige Pflicht, sondern als absolut notwendiges Instrument zur Herstellung globaler Gerechtigkeit begriffen werden“, so Quart weiter.