Aminatou Haidar, Präsidentin der Menschenrechtsorganisation CODESA aus der Westsahara, wird heute (28. Oktober 2013) mit dem 13. Bremer Solidaritätspreis ausgezeichnet. Der Preis ehrt Menschen und Initiativen, die sich in besonderer Weise für Demokratie und Menschenrechte und gegen globale Ungerechtigkeit und die Folgen von Kolonialismus und Rassismus einsetzen - Preisträger waren unter anderem Nelson Mandela und Aung San Suu Kyi.
Bei der feierlichen Preisverleihung in der Oberen Halle des Bremer Rathauses sagte Bremens Bürgermeisterin Karoline Linnert: "Mit Aminatou Haidar zeichnen wir eine für die Einhaltung von Menschenrechten engagierte Frau aus. Sie setzt sich mit friedlichen Mitteln und in stetigem Dialog mit internationalen Institutionen im Maghreb aber auch in den Unterstützerländern – in den USA und in Europa – für die Unabhängigkeit der Westsahara, für die Rechte von Frauen und die Befreiung ihrer Heimat und ihrer Landsleute, besonders in den Flüchtlingslagern, ein. Aminatou Haidar ist Präsidentin der Menschenrechtsorganisation CODESA, Collectif des Défenseurs Saharaoui de Droit de l’homme. CODESA ist ein Verein, der keiner sein darf und sich daher als Kollektiv bezeichnet: CODESA hat keinen Raum, keine Anschrift, kein Konto, auch nicht für Spenden und Unterstützung aus dem Ausland. In CODESA engagieren sich Intellektuelle und Opfer. Als Präsidentin von CODESA ist Aminatou Haidar unermüdlich im Einsatz für deren Ziele und vor allem die Einhaltung von Menschenrechten." Weiter sagte die Bürgermeisterin: "Wir blicken in eine seit Jahrzehnten international in ihrer Brisanz bekannte, schwelende Konfliktregion. Von der UNO beobachtet und begleitet, aber dennoch weitgehend sich selbst und einem undurchschaubaren Spiel der Kräfte überlassen, ist die Westsahara in Bremen sehr bekannt. Seit der Gründung des Bremer Solidaritätspreises in den 1980er Jahren sind verschiedene Bremer Delegationen in die Sahara gereist, meist zur Unterstützung von Projekten humanitärer Hilfe oder gezielter beruflicher Bildung. In der Folge haben diese Bremerinnen und Bremer wiederholt hochrangige politische Gremien mit der Situation in der Westsahara und der verzweifelten Lage derer Bewohnerinnen und Bewohner, vor allem in den Flüchtlingslagern befasst. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der im vergangenen Jahr gegründete, bundesweite Verein „Freiheit für die Westsahara“ ebenfalls unter Bremer Beteiligung entstand."
Vor der Preisverleihung: Mohamed el Mamun Ahmed Brahim, Vertreter der Frente Polisario in Deutschland, Bürgermeisterin Karoline Linnert, Preisträgerin Aminatou Haidar, der Präsident der Bremischen Bürgerschaft und Schirmherr des Kuratoriums Freiheit für die Westsahara e.V, Christian Weber und Prof. Dr. Claus Leggewie (Laudator und Leiter des Kulturwiss. Inst. Essen) (v.l.n.r.)
Bereits im Vorfeld der Preisverleihung erklärte Aminatou Haidar: "Der Preis des Bremer Senats ist ein Zeichen der Solidarität für mein Volk und eine Geste für die Opfer des Konflikts. Die Westsahara ist von Marokko okkupiert, die Not unseres Volkes ist kaum bekannt. Ich bin davon überzeugt, dass es eine Konfliktlösung nur dann geben wird, wenn die Menschen unsere Lage kennen."
Als Laudator für die Preisverleihung konnte Prof. Dr. Claus Leggewie gewonnen werden. Er ist Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen und Autor des Buches "Zukunft im Süden" und hat als Sozial- und Kulturwissenschaftler einen besonders geschärften Blick auf die komplexe, aussichtslos erscheinende Lage der Sahara im westlichen Afrika. Leggewie plädiert für eine neue Strategie und Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika, besonders im mediterranen Raum. Seine Vision ist die "Zukunft im Süden", die der friedenspolitischen Kraft der Europäischen Union eine besondere Rolle zukommen lässt.
Leggewie: "Die Lage in der Westsahara ist prekär, die Flüchtlingscamps sind wie eine Zeitbombe, die Nachbarländer rüsten rhetorisch auf und der globale Kontext spricht gegen die Sahrauis." Weiter sagte er: "Der Westsahara im Besonderen und der Maghreb-Region im Allgemeinen müssen von Europa aus Perspektiven geboten werden, die über die Extraktion von Boden- und Meeresschätzen, über die Rentenregime der Rohstoffwirtschaft und Tourismusbranche hinausreichen und nachhaltige Entwicklung auf moderner, industrieller Basis in Aussicht stellen. Ein Ausgangspunkt dafür kann die Förderung der in diesen Breitengraden überreich vorhandenen, bisher aber kaum genutzten Erneuerbaren Energien sein, und zwar weniger, wie das im Desertec-Projekt gedacht war, zur Einspeisung sauberen Stroms ins europäische Super Smart Grid, denn als Entwicklungsmotor der Region selbst."
Mit der Preisentscheidung ist der Bremer Senat dem Vorschlag des unabhängigen Kuratoriums Bremer Solidaritätspreis gefolgt. Die Menschenrechtsorganisation CODESA setzt sich konsequent für den Zugang der Sahauris zu ihren eigenen Ressourcen und gegen Menschenrechtsverletzungen ein. Deren Präsidentin Aminatou Haidar hat sich immer wieder in beispielhafter Weise durch mutige gewaltfreie Aktionen für die Rechte der Sahauris engagiert. Sie kämpft mit diplomatischen Mitteln für eine friedliche Lösung des Westsahara-Konfliktes und versucht auch international durch Gespräche mit Politikern, Diplomaten und Menschenrechtsorganisationen eine Lösung voranzubringen. Die Verleihung des Bremer Solidaritätspreises ist ein deutliches Signal der Bestätigung und Ermutigung für ihr persönliches Engagement.
Bremer Solidaritätspreis
Mit dem Bremer Solidaritätspreis ehrt der Senat der Freien Hansestadt Bremen Menschen und Bewegungen, die sich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzen und gegen Kolonialismus und Rassismus kämpfen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert, die sich je zur Hälfte aus Mitteln der Senatskanzlei und einer Zustiftung der privaten R. + R. Reinke-Stiftung zusammensetzen.
Im Jahr 1988 waren Nelson Mandela sowie seine damalige Frau Winnie Mandela die ersten Preisträger. Seitdem vergibt der Bremer Senat alle zwei Jahre die Auszeichnung und möchte damit ermutigen, sich gegen Ungerechtigkeit zu engagieren.
Neben dem Preisgeld wird eine Skulptur des Bremer Künstlers Bernd Altenstein verliehen. Die Figur zeigt die Bremer Stadtmusikanten und steht symbolisch für die Kraft des solidarischen Handelns. Denn aus den einsamen und schwachen Bauerntieren ist am Ende des Märchens ein starkes Quartett geworden, das gemeinsam Hindernisse überwindet.