Im Dezember 2020 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker verabschiedet. Bereits im Jahr 2015 hatte das Land Bremen eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht. Am heutigen Freitag, 12. Februar 2021, hat der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zugestimmt. Mit der noch ausstehenden Zustimmung des Bundestages wird Deutschland der 24. Staat, der das Abkommen ratifiziert.
Das ILO-Übereinkommen 169 wurde 1989 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verabschiedet. Es ist das einzige internationale Vertragswerk, das einen umfassenden Schutz der Rechte indigener Bevölkerung zum Gegenstand hat. Es bildet die Grundlage zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie des Gesundheits- und Bildungsstandes der indigenen Völker, da es neben dem Recht auf traditionelles Land und Territorien auch die Verhinderung von Diskriminierung, das Recht auf eine selbstständige Entwicklung und das Recht auf die Aufrechterhaltung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systeme indigener Völker einschließt. Ebenso soll die traditionelle Rechtsprechung indigener Völker in der Justiz des jeweiligen Landes berücksichtigt werden.
Die Ratifizierung Deutschlands als eine der führenden Industrienationen hat eine deutliche Signalwirkung auch an andere Länder, die dieses Abkommen bisher nicht ratifiziert haben. Darunter auch solche mit bedeutenden Anteilen an indigener Bevölkerung wie den Vereinigten Staaten, Kanada oder Australien. Daher hatte sich das Land Bremen bereits im Jahr 2015 im Zuge einer entsprechenden Initiative im Bundesrat für eine Ratifizierung eingesetzt. Dr. Olaf Joachim, Bremens Bevollmächtigter beim Bund, zeigte sich anlässlich der heutigen Verabschiedung im Bundesrat zufrieden: "Auch wenn es nun fast sechs Jahre gedauert hat, freue ich mich umso mehr, dass sich unser Einsatz gelohnt hat. Ich hoffe, dass die Ratifizierung Deutschlands nun noch weitere Länder ermutigt, sich dem Übereinkommen anzuschließen."
Laut den Vereinten Nationen zählen rund 400 Millionen Menschen in über 70 Ländern zu den indigenen Völkern. In einigen Staaten wurden und werden diese Völker bewusst enteignet und unterdrückt, anderswo werden deren Lebensweise, Kultur und soziale Gewohnheiten schlicht ignoriert. Dies hat zur Folge, dass die Angehörigen dieser Völker oft nur eingeschränkt am politischen und wirtschaftlichen Leben der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft teilhaben können. Diese Benachteiligung wird besonders dann deutlich, wenn ihr Lebensumfeld ins Blickfeld nationaler und internationaler wirtschaftlicher Aktivitäten wie Abbau von Bodenschätzen, Infrastruktur-Großprojekte, Landverkauf rückt und indigene Völker mangels politischer Vertretung und Lobby nur wenige Chancen haben, entsprechende Vorhaben zu verhindern oder zu beeinflussen.
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Jörn Hendrichs, Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit, grundbedürfnisorientierte Entwicklungszusammenarbeit, Fairer Handel, Tel.: (0421) 361 4505, E-Mail: joern.hendrichs[at]sk.bremen.de