Am Dienstag (4. April 2023) sind zwei iwi kūpuna (menschliche Überreste) aus dem Sammlungsbestand des Übersee-Museums Bremen an Vertreterinnen und Vertreter der Organisation Hui Iwi Kuamoʻo zurückgegeben worden. Die Organisation führt seit über drei Jahrzehnten iwi kūpuna aus internationalen Sammlungen zurück nach Hawai’i. Die Rückgabe fand auf hawaiischen Wunsch im kleinen Kreis statt. Der Senat hatte bereits in einer Sitzung Ende Januar der Rückgabe zugestimmt.
"Ich wünsche mir, dass diese Rückgabe und die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen unserer Organisation und dem Übersee-Museum ein Beispiel für Museen und Universitäten auf der ganzen Welt sind, Human Remains, die in öffentlichen und privaten Sammlungen aufbewahrt werden, an die Herkunftsgesellschaften zurückzugeben. Wir wollen die Institutionen auffordern, sich unserer Aloha-Kampagne anzuschließen", so Kalehua Caceres, Vertreterin von Hui Iwi Kuamo'o.
Mana Caceres, Vertreter von Hui Iwi Kuamo'o, weiter: "Wir möchten uns bei den Mitarbeitenden des Übersee-Museums Bremen bedanken, die die private Zeremonie mit unseren Ahnen und einen respekt- und würdevollen Transport unserer kūpuna ermöglicht haben. Dies ist ein wichtiger Bestandteil des Rückführungsprozesses unserer Ahnen nach Hawai’i und die gastfreundliche Unterstützung, die uns entgegengebracht wurde, ist bewegend."
Kulturstaatsrätin und Stiftungsratsvorsitzende Carmen Emigholz: "Ich möchte Frau Prof. Dr. Wiebke Ahrndt und ihrem Team dafür danken, dass sie es durch ihre engagierte und vorbildliche Provenienzforschung erneut möglich gemacht haben, weitere menschliche Überreste an die Vertreterinnen und Vertreter Hawaiis zurückzugeben. Diese Rückgabe ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir auch in Bremen dieser besonderen historischen Verantwortung und moralischen Pflicht Deutschlands selbstverständlich nachkommen werden. Wir wollen, dass die Toten ihre Würde zurückerlangen."
"Mit der Rückgabe der iwi kūpuna gehen wir gemeinsam einen weiteren Schritt in Richtung Dekolonisierung unserer Sammlungen", führt Prof. Dr. Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums, aus. "Wir wollen heute Verantwortung für die Fehler der Vergangenheit übernehmen. Daher ist es unsere wichtige Aufgabe, die Herkunft der Sammlungsobjekte kritisch zu hinterfragen und Museumsarbeit gemeinsam mit den Herkunftsgesellschaften neu zu denken."
Im Rahmen eines anderen Forschungsprojektes zur Provenienz von menschlichen Überresten konnten die beiden als verschollen angenommenen iwi kūpuna aus Hawai’i in der naturkundlichen Sammlung des Museums identifiziert und ihrer tatsächlichen Herkunft zugeordnet werden. Als Herkunftsort wird in den historischen Quellen der Oberbegriff "Sandwich-Inseln" angegeben. Laut Eintrag kamen sie mit der Sammlung von Simon Albrecht Poppe (1847–1907) in den Bestand der Städtischen Sammlungen. 1880 wurde die Sammlung von der Anthropologischen Commission für das Museum angekauft. Trotz der vorliegenden Informationen konnten die Katalogeinträge bislang nicht zugeordnet werden und so verlor sich ihre Spur mit Aufnahme in die Sammlung im Jahr 1880. "Ich bin froh, dass wir die beiden bislang verschollen geglaubten iwi kūpuna zuordnen konnten, denn die Umstände lasteten nicht nur auf uns, sondern auch auf den Menschen in Hawai‘i. Das geschehene Unrecht kann nun zwar nicht vollständig geheilt, aber der Unrechtszustand beendet werden", so Dr. Michael Stiller, Leiter der Abteilung Naturkunde am Übersee-Museum.
Bereits am 8. Februar 2022 konnten insgesamt acht menschliche Überreste in einer feierlichen Zeremonie zurückgegeben werden: Nach einem Rückgabegesuch des Hui Iwi Kuamoʻo 2019 erforschte das Übersee-Museum gemeinsam mit dem Senator für Kultur und gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, seine Bestände im Rahmen der zugänglichen Quellen und auf Grundlage ethischer Standards. Nach umfangreichen Forschungsarbeiten zur Provenienz der menschlichen Überreste empfahl das Museum dem Senat der Freien Hansestadt Bremen schließlich die Rückgabe.