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Thüringer: Thüringer Wirtschaftsdelegation in Namibia und Südafrika

Tiefensee: Thüringen bietet Unterstützung für geplante Wasserstoff- und Bauprojekte an

Gemeinsam mit einer rund 20-köpfigen Wirtschaftsdelegation hält sich Thüringens Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee von morgen (16. Oktober) bis zum 18. Oktober zu einem Arbeitsbesuch in Namibia und Südafrika auf. Die Delegation selbst wird bis einschließlich 20. Oktober in Südafrika bleiben. Im Mittelpunkt der Gespräche mit Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie staatlichen Organisationen in Windhuk und Kapstadt stehen die Themen Grüner Wasserstoff, Energieinfrastruktur und Bauwirtschaft. Auf dem Programm des Ministers stehen daneben auch politische Termine mit der namibischen Vize-Ministerin für Energie und Bergbau, Kornelia Shilunga, dem Premierminister und dem Infrastrukturminister der Provinz Western Cape, Alan Winde und Tertuis Simmers, sowie dem Bürgermeister von Kapstadt, Geordin Lewis-Hill.

Am Mittwoch wird der Wirtschaftsminister in Brits (Provinz Nordwest, Südafrika) gemeinsam mit den Geschäftsführern Andreas Weinert und Marcus Bloom-Pflug den neuen Standort der Weinert Industries AG aus Neuhaus-Schierschnitz offiziell eröffnen. Weinert hat hier den traditionsreichen südafrikanischen Produzenten von Signal- und Glasfaserkabeln CBI Electric Telecom Cables mit 300 Beschäftigten übernommen. Das Land unterstützt die Wachstumsstrategie von Weinert über seine Beteiligungstochter bm-t. Zu dem Termin in Brits haben auch politische Vertreter der Provinz- und der südafrikanischen Staatsregierung ihre Teilnahme zugesagt.

Afrikanische Länder wie Namibia und Südafrika versuchen derzeit, sich als künftige Standorte für die Produktion und den Export von Grünem Wasserstoff und Ammoniak zu profilieren. Dazu sind mehrere große Projekte und umfangreiche Investitionen in diesem Bereich geplant. „Die Erwartung vieler Experten ist, dass Wasserstoff im Zuge des energetischen Umbaus das neue Erdöl werden kann“, sagte Tiefensee. „Ziel unserer Reise ist es deshalb, frühzeitig unsere Visitenkarte abzugeben und unsere Thüringer Kompetenzen für die Umsetzung solcher Vorhaben ins Spiel zu bringen.“ Diese Kompetenzen betreffen neben Wasserstofftechnologien u.a. auch Speichertechnologien, Sensorik, Photovoltaik, den Geräte- und Anlagenbau sowie Bau- und Ingenieurleistungen.

Während des Arbeitsbesuchs ist deshalb u.a. ein Meeting mit Hyphen Hydrogen Energy geplant, einem deutsch-südafrikanischen Konsortium, an dem auch die deutsche Firma Enertrag beteiligt ist. Mit einem geplanten Investitionsvolumen von bis zu zehn Milliarden Euro ist Hyphen derzeit das wichtigste Wasserstoff-Referenzprojekt in Namibia. Im Jahr 2026 soll hier im südnamibianischen Nationalpark Tsau Khaeb nahe Lüderitz die weltweit größte Anlage für die Produktion von Grünem Wasserstoff in Betrieb gehen und bis Ende des Jahrzehnts jährlich zwei Millionen Tonnen Wasserstoff und Ammoniak produzieren.

Weitere Termine etwa bei der größten namibischen Unternehmensgruppe Ohlthaver & List, die auch im Energiesektor aktiv ist, beim Namibia Green Hydrogen Council, dem Namibia Hydrogen Research Institute, der Hydrogen-South-Africa-Initiative (HySA) in Kapstadt – hier ist eine Kooperation mit dem thüringischen HySON-Institut in Sonneberg geplant – sowie beim Centre for Renewable & Sustainable Energy Studies der Universität Stellenbosch haben ebenfalls das Ziel, gezielt neue Kontakte zu knüpfen und die Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien zu vertiefen.

Generell könne das südliche Afrika für Thüringen ein interessanter Exportmarkt werden, sagte Tiefensee weiter. Größte Chancen bieten sich aus seiner Sicht vor allem in den Bereichen Energieversorgung, Rohstoffverarbeitung und Infrastruktur. So werden allein für eine stabile Stromversorgung in den Ländern südlich der Sahara in den kommenden Jahren Investitionen im mindestens zweistelligen Milliarden-Bereich nötig sein.

„Als Tor zum afrikanischen Wirtschaftsraum bietet insbesondere Südafrika ein enormes Potential für unsere Exportwirtschaft“, so der Minister weiter. Derzeit geht bereits rund die Hälfte aller Thüringer Ausfuhren auf den afrikanischen Kontinent (insgesamt rund 229 Millionen Euro) allein in das Land am Kap der Guten Hoffnung – ein Gesamtvolumen von immerhin 101,5 Millionen Euro. Kein anderes afrikanisches Land erreicht in der Thüringer Exportstatistik einen vergleichbaren Umfang. Auch wenn sich die Wirtschaft derzeit etwas verhaltener entwickle, seien die Wachstumsaussichten in dem ressourcenreichen Land weiterhin gut.

Der namibische Markt sei demgegenüber mit lediglich 2,2 Millionen potentiellen Konsumenten deutlich kleiner. Allerdings plant Namibia im Rahmen der sog. „Harambee“-Initiative bis 2030 milliardenschwere Investitionen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und zur Modernisierung des Energiesektors und Gesundheitswesens. „Hier bieten sich Anknüpfungspunkte für die Thüringer Wirtschaft, die wir nutzen wollen“, sagte Tiefensee. Zudem bieten sowohl Südafrika als auch Namibia als Mitglieder der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) stabile Investitionsbedingungen und einen Markt von 300 Millionen potentiellen Kunden. Mit der geplanten Umsetzung der neuen afrikanischen Freihandelszone AfCFTA könne diese Position noch deutlich gestärkt werden.

„Unabhängig davon verbindet Deutschland aber eine besondere Partnerschaft mit und eine besondere Verantwortung für Namibia“, sagte Tiefensee. „Im Blick auf die koloniale Vergangenheit können und wollen wir auf unserer Ebene einen Beitrag dazu leisten, dass alte Wunden heilen.“ Der Weg dazu führe über konkrete Vorhaben wie geplante gemeinsame Ausbildungsprojekte in der Bauwirtschaft oder die Unterstützung beim Hausbau-Programm der namibischen Regierung. Hier bringt sich Thüringen insbesondere mit der von PolyCare entwickelten Technologie für sparsam und mit regionalen Materialien zu produzierende Fertigteilhäuser ein. Bereits im Jahr 2016 war in Windhuk zudem die „maxx solar academy“ der thüringischen Firma maxx solar GmbH eröffnet worden, ein Schulungszentrum, in dem Techniker für künftige Solarprojekte ausgebildet werden. Erst im vergangenen Jahr hatte zudem auch die IGS Ingenieure GmbH & Co. KG aus Weimar eine Niederlassung im namibischen Swakopmund eröffnet.

Hintergrund: Wirtschaftsbeziehungen Thüringens mit Namibia und Südafrika

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Thüringen und Namibia befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium. So haben Firmen aus dem Freistaat im Jahr 2022 Waren im Wert von lediglich 760.000 Euro nach Namibia exportiert, wichtigste Exportgüter waren Kunststoffprodukte, elektrische Ausrüstungen und chemische Erzeugnisse. Dagegen ist Südafrika der wichtigste Handelspartner Thüringens auf dem afrikanischen Kontinent, die Ausfuhren in das Land am Kap lagen 2022 bei 101,5 Millionen Euro, die Einfuhren bei 73,3 Millionen Euro. Wichtigste Exportgüter waren Fahrgestelle, Motoren und Karosserien, Kusntstoffprodukte, Maschinen und Pharmazeutika. Wichtigste eingeführte Produkte waren Maschinen und Fahrzeugteile. Insgesamt unterhalten laut Datenbank der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) 69 Thüringer Unternehmen Handelsbeziehungen mit Südafrika, es gibt vier Thüringer Niederlassungen vor Ort. Mit Namibia unterhalten neun Thüringer Firmen Handelsbeziehungen.

 

Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG)